20.11.2014 “Qualität 2030 - die umfassende Strategie für das 
  Gesundheitswesen” - Fortsetzung - 
  Qualität: dreidimensionaler Orientierungsrahmen als Grundlage der 
  Diskussion
  Ein modernes Qualitätsverständnis muss sich am Entwicklungsstand des jeweiligen 
  Gesundheitswesens und am Bedarf der zukünftigen Versorgung orientieren. Das 
  Gutachten formuliert in diesem Zusammenhang fünf Ziele, die diese Anforderungen 
  auf den Punkt bringen:
  ● Schwerpunkt auf chronischen Mehrfacherkrankungen älterer Menschen statt (allein) 
  auf Akuterkrankungen,
  ● Förderung der Krankheitsprävention gegenüber der Behandlung aufgetretener Erkrankungen,
  ● Überwindung der Sektorierung des Gesundheitssystems zugunsten einer besseren Integration und Koordination der 
  Behandlung,
  ● Qualitäts- statt ausschließlicher Mengenorientierung, und
  ● Patienten- statt Anbieterbezug.
  Die beiden erstgenannten Ziele können unter dem Begriffe der Morbiditätsdimension (Chronizität der Erkrankungen und 
  Prävention) zusammengefasst werden, gefolgt von der Strukturdimension (Integration statt Sektorierung, Qualitäts- statt 
  Mengenorientierung). Das letzte der “fünf Ziele”, nämlich die Patientenorientierung, lässt es 
  jedoch notwendig erscheinen, sich noch einmal dem Grundsätzlichen zuzuwenden und unser 
  gegenwärtiges Qualitätsverständnis genauer zu analysieren. Das Ergebnis ist relativ 
  ernüchternd: wir verharren in einer operativ und akutmedizinisch orientierten, Diagnose- und 
  Prozeduren-bezogenen Qualitätssicherung, die sich primär an den Bedürfnissen der Anbieter 
  orientiert und der Logik der 90er Jahre verhaftet ist, als man wegen der Einführung der 
  Fallpauschalen (Verweildauerverkürzung) Befürchtungen um die Qualität der entsprechenden 
  operativen Leistungen hatte - dieses Qualitätsverständnis hat man dann vor zehn Jahren 
  mühelos in die ebenfalls Prozeduren-orientierte DRG-Finanzierung übernommen. 
  Heute und in Zukunft stehen dagegen ganz andere 
  Inhalte der Qualität einer adäquaten Gesund-
  heitsversorgung im Vordergrund. Zum Einen wird 
  durch die gestiegene Bedeutung konservativer, 
  chronischer und multipler Erkrankungen (s. Morbidi-
  tätsdimension) älterer Patienten die Kontinuität der 
  Behandlung im Sinne einer „Begleitung durch das 
  System“ eine viel größere Rolle spielen. Um es nicht 
  zu vergessen: Patientenorientierung ist in aller Munde, 
  es gibt zunehmend wichtige Hinweise aus der Patientenperspektive, aber diese 
  Perspektive sieht nicht allein die Elektiveingriffe, sondern vor allem die Koordination 
  und Kooperation der Anbieter im Mittelpunkt. Zum Anderen steht nicht nur die Frage, 
  ob wir die Behandlung „richtig“ machen, sondern ob wir „das Richtige“ machen, auf 
  der Tagesordnung, also die Frage nach dem Nutzen der Behandlungsmethoden – 
  eines der wichtigsten Qualitätsperspektiven. Allerdings hat der Gesetzgeber durch die 
  Tatsache, dass er dem IQWiG nun ein weiteres Qualitäts-Institut zur Seite gestellt hat 
  (Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG)), die 
  Dualität Qualitätssicherung alter Art und Nutzenbewertung noch verfestigt, statt diese 
  wichtigen Aspekte in einer Hand zu lassen.
  Insgesamt unterscheidet das vorliegende Gutachten sechs Qualitätsperspektiven, die z.B. dazu verwendet werden, die 
  Darstellung der Qualitätsdefizite (Kap. 3.) und der gesetzlichen Entwicklungen (Kap. 7) zu systematisieren:
  ● gesellschaftliche Perspektive (Versorgung auf Populationsebene),
  ● Ebene des Nutzens der Behandlungsmethode (Allokation und Effizienz),
  ● Patienten-Perspektive (Selbstbestimmung, Sicherheit und Koordination),
  ● professionelle Perspektive (Autonomie, Garantenstellung),
  ● institutionelle Perspektive (Organisatorische Umsetzung),
  ● wissenschaftliche Perspektive (Deskription und Hypothesenbildung).
  Diese sechs Qualitätsperspektiven sollten in Zukunft dazu dienen, die 
  Operationalisierung des Qualitätsbegriffes für die anstehenden Diskussionen 
  zu verbessern, in erster Linie indem nicht mehr verdeckt (wie bisher durch die 
  jeweiligen “Anforderungen”), sondern offen das Interesse am jeweiligen 
  Qualitätsverständnis zum Ausdruck gebracht wird.
  Zusammenfassend werden die drei genannten Dimensionen in dem 
  Gutachten “Qualität 2030” zu einem dreidimensionalen 
  Orientierungsrahmen zusammengeführt (Kap. 1.4.), auf dessen Grundlage 
  die zukünftigen Entwicklungen und die Implementierung der Instrumente zur 
  Verbesserung von Qualität und Patientensicherheit bewertet werden können:
  ● die Qualitätsdimension (sechs Perspektiven, z.B. gesellschaftliche 
  Perspektive, Nutzen von Behandlungsmethoden, Patientenperspektive etc.), 
  ● die Integrationsdimension (Koordination, Überwindung der Sektorierung) und 
  ● die Morbiditätsdimension (Chronizität/Prävention).
  Weitere Aspekte von Qualität 2030:
  Das Gutachten steht hier zum Download bereit (weiterhin die Presseerklärung, Beilage Tagesspiegel am Vortag, Link zur 
  entsprechenden MWV-Webseite).
  
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
  Prof. Dr. med. Matthias Schrappe
 
  
 
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